Unter diesem Punkt finden sich die Ergebnisse zu den Chat-Gründen sowie Angaben zu Chat-Erfahrung, -Häufigkeit und -Dauer.

Außerdem kann man hier das Kapitel über Chatten aus meiner Magisterarbeit lesen.

 

 

Das Chatten

Chatten – was ist das überhaupt?

Nach Fix (2001) kommt das Wort „chatten“ aus dem englischen Fachjargon und bedeutet soviel wie quatschen, plaudern oder schnattern (to chat). In einem Chatroom, das ist ein virtuell geschaffener Raum, treffen sich Personen, die mit anderen Teilnehmern in sogenannter „Echtzeit“ interagieren. Über die Tastatur werden die zu vermittelnden Nachrichten in ein Eingabefeld eingegeben, nun muss nur noch die Eingabetaste gedrückt werden, und der Text erscheint unmittelbar auf dem Bildschirm aller Teilnehmer. So kommt ein synchroner textbasierter Dialog zustande.

Man kann das Chatten als schriftlichen Dialog interpretieren, das Getippte kann man als das Gesprochene verstehen, und das, was man liest, als das Gehörte.

Will man einen virtuellen Chatroom „betreten“, so muss man ihn z. B. über einen Web-Browser aufrufen. Nun muss man sich mit einem selbstgewählten Pseudonym (dem Nickname) auf der Startseite anmelden. Jetzt ist der User eingeloggt und hat die Auswahl zwischen unterschiedlichen Chatchanneln, wo er mit einem oder mehreren Personen öffentlich gleichzeitig chatten kann.

Die „virtuellen“ Chatrooms sind oft nach Themen sortiert z. B.: Musik, Computer und Internet, Fan-Club, Gesellschaft und Soziales, Flirt und Talk, Sex und Erotik, Freizeit und Hobby, Sport und Abenteuer. So kann jeder Chatter seinen Interessen entsprechend die passenden Interaktionspartner finden.

Der Nickname

Unter dem Nickname (engl.: Pseudonym, Spitzname) wird man von anderen Chattern angesprochen und wiedererkannt. Da man sich mit dem Nickname einloggt, ist es auch das erste, was andere von einem erfahren, also der erste Eindruck.

Die meisten Chatter benutzen immer den selben, denn so werden sie, halten sie sich öfter im gleichen Chatroom auf, von den anderen gleich wiedererkannt. Ihr wirklicher Name bleibt vorerst geheim.

Die Auswahl des Nickname ist nicht bedeutungslos, denn er ist das erste, was andere Chatter von einem erfahren (z. B. „kleiner Lemgoer“ betritt den Raum – „Bist du wirklich so klein?“). Mit einem phantasievollen Namen kann man also leicht mit anderen Chattern ins Gespräch kommen.

Die Mehrzahl der User stellt sich selbst dar: Beruf, Alter, Hobbies, Name. All dies wird meistens preisgegeben, entweder durch die eigene Homepage oder auch durch Kommentare in einer Mailingliste. Ein Nickname unterstreicht meist noch die Persönlichkeit. Er dient nur in seltenen Fällen zur Wahrung der Anonymität.

Bestimmte Gratifikationen (z. B.: soziale Anerkennung durch einen guten Beitrag) kann man auch nur dann erreichen, wenn es mit einem selbst in Verbindung gebracht wird. (Döring, 1999, S. 311).

Kommunikationsverlauf im Chat

E-Mails kann man jederzeit verschicken, chatten kann man auch jederzeit, Voraussetzung ist, dass auch andere sich im Chatroom aufhalten, denn sonst kommt es ja nicht zu einem Austausch. Möchte man aber mit einer schon bekannten Person chatten, so muss man schon eine Terminabsprache machen oder wissen, wann sich diese Person im Chat aufhält. Per Notify- oder Buddy-Liste (gespeicherte Nicknames) kann man bestimmte Chatter über deren Nickname ausfindig machen, wenn diese gerade Online sind.

Üblicherweise beginnen Chat-Dialoge mit einer Begrüßung, behandeln dann unterschiedliche Themen, die netzintern oder auch netzextern sein können. Zum Schluss verabschiedet man sich noch.

Es gibt die Möglichkeit, sich im Chat-Channel öffentlich auszutauschen, also mit allen anwesenden Chattern zu kommunizieren, oder auch in einem sogenannten privaten Chat mit (einem) anderen Chatter zu „flüstern“, so dass der Inhalt dieses Chatgesprächs von anderen Chattern nicht mitgelesen werden kann.

Da es sich beim Chatten um einen schriftlichen Dialog handelt, muss man schnell agieren und reagieren, um den synchronen Austausch „am Laufen“ zu halten. Äußerungen sind darum meist nicht länger als eine Zeile. Zur Zeitersparnis werden netzspezifische Akronyme z. B.: ROTFL (rolling on the floor laughing) oder CU (see you), (Döring, 1999,  S. 100), und Emoticons benutzt. Dieses sind bildhafte Zeichen (engl. Icons). Der Smiley ist das bekannteste. So kann man lachende, traurige oder erstaunte Gesichter durch die Interpunktionszeichen (der Tastatur) darstellen. Auch virtuelle Umarmungen sind beliebt, diese werden durch Klammern dargestellt. Gefühle werden durch Aktionswörter z. B.: Würg, lach, kreisch und Soundwörter wie juhuuu unterstrichen.

Laut Döring (1999) sind beim Chatten keine geschliffenen Formulierungen, tiefgründigen oder detaillierten Beweisführungen wie bei Mailinglisten und Newsgroup-Artikeln möglich. Hier kommt es auf schnelles Tippen und Lesen an und eine schnelle Reaktion, folglich ist Spontaneität, Smalltalk, Wortwitz und Gefühlsausdruck gefragt. Gut geeignet ist das Chatten z. B. für kurzfristige organisierte Absprachen, emotionale Unterstützung, Beratung und Flirt.

Durch die Netzdienste weiß man über die Nutzungsintensivität der Nutzer Bescheid. Auf Platz 1 steht das E-Mail-Schreiben, gefolgt von Mailinglisten und Newsgroups, danach folgt das Chatten und Mudden, welches eher von den jüngeren genutzt wird.

Nutzung des virtuellen Raums des Chats

  • man kann ein stiller Beobachter sein
  • man kann sich mit Freunden aus dem Real-Life (RL) verabreden
  • man kann neue Kontakte aufbauen, und diese Personen, wenn man möchte, im Real-Life treffen.

Chatter suchen gezielt nach Chaträumen, die ihrer „Wellenlänge“ entsprechen. Teilweise bezeichnen sie sich als Stammchatter. In Chaträumen gibt es eine Art Hierarchie. Je mehr Zeit man in einem Chatroom verbracht hat, desto besser wird man von den anderen akzeptiert.

Möglichkeiten im Chat

Im Chat hat man mehr Möglichkeiten als im Real-Life. Positiv ist, dass äußere Merkmale keine Rolle spielen, genauso wie das Geschlecht und Alter. Es wird niemand von der Diskussion ausgeschlossen, weil er zu leise oder nicht energisch genug spricht. Alle Texte erscheinen gleichberechtigt.

In einem Chat kann man mehrere Gesprächsstränge gleichzeitig verfolgen (was in einer Kneipe nicht möglich ist). Man kann längere Zeit über das „Gesagte“ nachdenken und dann erst tippen (erst denken – dann tippen).

Es gibt Situationen im RL, in denen man das Haus nicht verlassen kann (z. B. auf kleine Kinder aufpassen, oder wenn man krank ist). Das Chatten bietet dann die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen.

Man trifft im Chat Leute, die man im RL nie treffen würde. Man wird durch die Gespräche toleranter, trifft Subkulturen, andere Kulturkreise, auf die man im RL nicht ohne weiteres zugehen würde.

Subjektive Bedeutung des Chattens

Es sind die Chatter, die sich nur kurz im Chatroom aufhalten, die dem Chatten keine subjektive Bedeutung zusprechen. Sie finden die Gespräche oberflächlich und den Ablauf der Kommunikation zu schnell. Sie lernen so keine interessanten Menschen kennen und machen auch nicht die Erfahrung, dass nicht alle Gespräche nur oberflächlich sind. Jeder Chatter fängt irgendwann als „Newbie“ an, das heißt, er muss sich von schon erfahrenen Chattern einweisen lassen oder sich das Chatten mühselig erarbeiten. Das erfordert Zeit, die Regeln der Chatgemeinde zu lernen, die Chatsprache und das „Flüstern“. Man muss motiviert sein und Zeit investieren. Oft ist der Reiz des Neuen ein wichtiger Motivationsfaktor. Selbst bei Viel-Chattern hat das Chatten nicht automatisch einen hohen Stellenwert. Nur Erfahrungen, die von subjektiver Bedeutung für den einzelnen Chatter sind, beeinflussen das Selbstbild des Menschen.

Offenheit im Netz

Offenheit durch Anonymität schafft am Anfang Freiräume:

  • man sieht sich nicht
  • man hört die andere Stimme nicht
  • man kennt nicht den Aufenthaltsort des anderen

Die Offenheit besteht darin, dass man den anderen etwas mitteilt und die anderen „hören“ einem zu. Themen, die eine Person emotional berühren und in Face-To-Face-Gesprächen schwer auszusprechen sind, können in einem anonymen Chat besser artikuliert werden. Für manche Themen ist es positiv, dass man keine unbeabsichtigten Gefühle zeigt (kein Blickkontakt erleichtert das Chat-Gespräch – man kann sich nicht hören, also kommt durch die Stimmlage auch keine Emotion herüber). Gefühle werden im Chat beschrieben oder durch Emoticons (z. B. Smiley: :-)) vermittelt.

Der geschützte anonyme Raum

Im Chat kann man Dinge ansprechen, die man in Face-To-Face-Situationen nicht ansprechen kann. Man bestimmt selbst, wie viel man von seiner Innenwelt preisgibt. Die Leute im Chat sind fremd, man sieht und trifft sie nicht (wieder), falls man etwas falsch gemacht hat, kann man auch seinen Nickname ändern.

Oft ist es aber so, wenn man von sich viel erzählt, erzählen andere von sich auch viel und so kommt es zu einem offenen Austausch, der auch sehr emotional sein kann. Es kommt zu positiven Rückmeldungen. All dieses macht die Faszination des Chattens aus.

Der Vorteil der Anonymität ist auch gleichzeitig ein Nachteil. Im Chat „redet“ man freier. Da man den anderen nicht sieht, fällt aber auch der Tonfall und die Mimik weg – man muss sich voll auf das Geschriebene verlassen. Manchmal weiß man nicht, ob der Gesprächspartner einen richtig verstanden hat (Emoticons bieten keinen vollwertigen Ersatz für nonverbale Gesprächsinhalte).

 Bei längeren Bekanntschaften durchs Chatten fehlen irgendwann die Dinge, die den Face-To-Face-Kontakt ausmachen – und man versucht den Chatter persönlich zu treffen (eben Face-To-Face).

Bei positivem Feedback aus dem Chat kann man seine Schüchternheit abbauen (und das kann sich auch positiv auf Face-To-Face-Kontakte auswirken). Ein negatives Feedback kommt zustande, wenn die anderen die eigenen Beiträge uninteressant finden oder ablehnen, oder wenn man sich selbst langweilt. Bekommt man gar keine Rückmeldung (der andere klinkt sich aus), so kann man nicht einmal nachfragen, was schief gelaufen ist.

Unverbindlichkeit und Verbindlichkeit in der Chatgemeinde

Die Hemmschwelle, mit anderen in Kontakt zu treten, sinkt beim Chatten im Gegensatz zum RL. Die Distanz bietet einen Selbstschutz (man selbst und der andere hat die Möglichkeit, den Kontakt zu beenden). Das heißt, man muss vorsichtig sein mit dem, was man schreibt und darf niemanden beleidigen. Es ist gut, wenn man sich an die Netiquette hält, hierbei handelt es sich um korrekte Verhaltensregeln im Internet. So gibt es bestimmte Höflichkeitsregeln, die in verschiedenen Chatrooms auch unterschiedlich sein können.

Anfangs sind die Gespräche unverbindlich. Gehört man aber schon zur Chatgemeinde, so wird alles verbindlicher. Der Nick ist allen bekannt, man gehört vielleicht schon zu den Stammchattern und hat einige Chatter schon im RL getroffen. Viele Chatter verweisen auf ihre Homepage, wo sie noch mehr von sich preisgeben. Aber auch bei Sorgen und Problemen geben die anderen Chatter einem gute Ratschläge oder treffen sich mit einem im RL.

Trotz Chat macht man sich ein Bild vom anderen

Im Chat beschreibt man auch seine Persönlichkeit. Diese kann man etwas beschönigen, z. B.: „Ich trage keine Brille“ oder „Ich bin sportlich“ usw. Man sollte sich aber nicht als Traumtyp darstellen, wenn man keiner ist, denn man weiß nie, ob man nicht doch nach einigen Chatsitzungen das Bedürfnis hat, den anderen im RL kennen zu lernen.

 

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